
Österreichs Studierende bemängeln ihre Lehrer. Eine repräsentative Studie der Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) zeigt, dass drei Viertel der Studenten mit der Qualität der Lehre unzufrieden sind.
Eine Studie zur Qualität der Lehre an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen liefert ernüchternde Ergebnisse: Die Befragung von mehr als 6.500 Universitäts- und Fachhochschulstudenten durch die ÖH stellt fest, dass die fachlichen Kompetenzen der Lehrenden zu 90 Prozent als gut bewerten wurden. 42 Prozent der Befragten halten allerdings die didaktischen Fähigkeiten ihrer Lehrer für mangelhaft. Dabei glauben drei Viertel der Hochschüler, dass ihre Interessen nicht im Mittelpunkt des Studiums stehen. Zudem ist für mehr als zwei Drittel die Bewertung ihrer Leistungen nicht nachvollziehbar. 60 Prozent der Befragten sind sogar der Meinung, dass die Lehrer es nicht schaffen würden, die Studenten in die Vorlesungen und Kurse aktiv mit einzubeziehen. Aufgrund dessen fordert die ÖH eine verpflichtende Didaktik-Ausbildung für Lehrende.
Die Studenten gaben an, dass ihnen unfreiwillige Verzögerungen ihres Studiums zu schaffen machen. Aufgrund des geringen Angebots an Pflichtveranstaltungen wird das Studium für jeden Dritten verlängert. Die Studierenden können aufgrund zu vieler Kursteilnehmer bestimmte Lehrveranstaltungen nicht im vorgesehen Zeitraum absolvieren und müssen nachfolgende Veranstaltungen ebenfalls verschieben, da diese meistens auf den vorherigen Vorlesungen basieren. Diese „Voraussetzungsketten“ verhindern, dass das Studium im gewünschten Zeitraum geschafft werden kann. 67 Prozent sind der Meinung, dass sie ihr Studium nicht nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten können. Ein großer Unmut herrscht auch über das Wissen, das sie auf der Universität vermittelt bekommen: Mehr als die Hälfte aller Studierenden glaubt, dass sich durch das Lernen für Prüfungen kein längerfristiges Wissen aufbaut. Zudem geben 60 Prozent der Befragten an, keine Forschungserfahrungen während des Studiums sammeln zu können.
Die ÖH leitet aus der Kritik der Studenten ein Paradigmenwechsel in der Hochschuldidaktik ab. Lehrende sollen künftig verpflichtend einen einsemestrigen Lehrgang besuchen, entweder vor dem ersten Lehrauftrag oder parallel dazu. Die bisherige Vorbereitung der Lehrer beschränkt sich beispielsweise an der Uni Wien auf ein zweitägiges Training. Insgesamt sind jedoch die didaktischen Qualifikationen in den wissenschaftlichen Lebensläufen nebensächlich, da die Forschungstaktiken der Lehrenden im Vordergrund stehen.
Auch Rektorenchef Heinrich Schmidinger betrachtet die Ergebnisse der ÖH-Studie mit Skepsis. Zwar leiste die ÖH mit ihrer Studie einen konstruktiven Beitrag zur Verbesserung der Lehre an den österreichischen Universitäten, doch sei die Kritik an der fehlenden didaktischen Ausbildung der Lehrer zu pauschal und nicht wahrheitsgetreu, da viele Hochschulen und Universitäten das Ergebnis der ÖH-Studie widerlegen.